"Wer seinen Horizont erweitert, verkleinert den Himmel." (Klaus Kinski)
Geistiges Eigentum
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Übt jemand Kritik am sogenannten Geistigen Eigentum oder genauer gesagt seinen Instanzen als Patente,
Urheberrecht und Copyright oder dem Markenrecht, so wird dieser Person häufig fälschlich unterstellt,
dass sie gegen Geistiges Eigentum sei. Man unterstellt ihr sogar gegen Eigentum im Allgemeinen zu sein
und dann liegt der Schluss sehr nahe, dass diese Person ein Sozialist oder Kommunist sein muss.
Damit haben dann die Lobbyisten des Patentwesens oder der Rechteverwerter
die Diskussion erfolgreich beendet, denn die Angst der meisten Menschen vor dieser Gesellschaftsform
sitzt so tief, dass man sich keinesfalls mit solchen Leuten und ihren gefährlichen Ideen einlassen will.
Bei der Kritik gegen das Geistige Eigentum auf dieser Webseite geht es aber nicht darum,
Geistiges Eigentum als solches abzulehnen, sondern wir beschäftigen uns mit Fehlentwicklungen im Patentwesen,
Copyright und Urheberrecht. Eine zentrale Frage ist auch, was sollte generell in Besitz genommen werden
können. Anders als beim rein materiellen Eigentum, das gewissermaßen auf "ewig" gewährt wird, stellt sich
beim sogenannten Geistigen Eigentum auch die Frage, wie und wie lange es im Besitz bleiben darf und welche
Rechte und Pflichten dem Urheber und den Nutzern auferlegt werden sollten.
Dennoch taugt eine Kritik an einem System nur, wenn sie das System selbst auf den Prüfstein legt. Man
muss sich die Frage stellen, ob es nicht gerechtere und vor allen Dingen für unsere Volkswirtschaft
effizientere Alternativen zu Patenten und Urheberrechten gibt. Selbstverständlich stehen Künstlern und
Erfindern eine faire Bezahlung für ihre Arbeit zu. Vertritt das bisherige System im Urheberrecht
eigentlich wirklich die Interessen der Mehrheit der Künstler, also Komponisten, Musiker, Schriftsteller,
bildenden Künstlern und anderen? Oder ist es vielmehr so, wie es Prof. Joost Smiers1 sieht:
"Die großen Medienkonzerne überdecken den ganzen Planeten mit Satelliten- und Kabelnetzen.
Aber alle Informationskanäle der Welt zu besitzen ergibt nur Sinn, wenn man auch den wesentlichen Teil des
Inhaltes besitzt, dessen Copyright die legale Form des Eigentums bildet. Zur Zeit erleben wir gerade einen
gnadenlosen Kampf der Fusionen im Bereich der Kultur, wie dem von AOL und Time Warner. Dies könnte in
naher Zukunft dazu führen, dass nur eine Handvoll Firmen die Geistigen Rechte an beinahe der gesamten
vergangenenen und zukünftigen künstlerischen Schöpfung besitzen wird. Wie Bill Gates und seine Firma
Corbis Inhaber der Rechte an 65 Millionen Bilder weltweit sind, von denen 2,1 Millionen online
verfügbar sind."2
Smiers folgert, dass sich das einst schlüssige Konzept des Urheberrechts so zu einem
Instrumentarium verwandelt, mit dem einige wenige Konzerne die Kontrolle über den geistigen
Besitz der Allgemeinheit erlangen. Eine Auswirkung dieser monopolistischen Kontrollstrukturen bestehe
darin, dass sich die Rechteverwerter nur darum bemühen einige wenige Stars aufzubauen, in die sie hohe
Summen investierten. Smiers möchte das Urheberrecht abschaffen und durch ein System ersetzen, dass
den künstlerischen Belangen stärker Rechnung trägt. Ein System, was die Monopolkultur der Kulturindustrie
beseitigt.
Materielles und immaterielles Eigentum
Außerdem ist es unserer Meinung nach unsinnig und gefährlich die Analogie zwischen materiellem und immateriellem Eigentum überzustrapazieren. In manchen Aspekten haben Geistiges Eigentum und Eigentum an Sachen und Land so viel Gemeinsamkeiten wie Pferde und Seepferde. Der Besitz eines materiellen Gutes ist - informationstechnisch gesprochen - eine binäre Sache, d.h. man kann ein Ding besitzen oder nicht.3 Wird ein Auto gestohlen, dann ist es für den bisherigen Besitzer und Eigentümer komplett verloren. Der Schaden entspricht mindestens dem Wert des Autos. Ganz anders sieht es bei einem immateriellen Gut aus. Nehmen wir an, jemand kopiert sich eine CD.4 Zum privaten Gebrauch ist dies in Deutschland unter bestimmten Umständen noch erlaubt.5 Unterstellen wir jedoch, dass diese CD unter Umgehung des Kopierschutzes vervielfältigt wurde.6, was auch zum privaten Gebrauch in Deutschland nicht mehr erlaubt ist. Dann handelt es sich nach geltender Rechtslage um Diebstahl. Aber anders als bei unserem Beispiel mit dem Auto besitzt der Rechteverwerter, der häufig nicht identisch mit dem Künstler ist, immer noch die vollen Rechte und die Verfügungsgewalt über das Werk. Also ein wesentlicher Unterschied, denn das immaterielle Gut selbst wurde nicht entwendet, da es ja beliebig und nahezu kostenlos reproduziert werden kann und durch keine Kopie verändert oder zerstört werden kann. Wie sieht es jedoch mit dem Schaden aus? Nehmen wir an, diese Person hatte die CD kopiert, um sie nicht kaufen zu müssen. Gehen wir weiterhin davon aus, dass die Person diese CD gekauft hätte, wenn sie sie nicht kopiert hätte. Dann entspricht der entgangene Schaden maximal dem Verkaufserlös einer CD.7 Bei Gericht und in Rechenspielen der Musikindustrie spielen solche Überlegungen keine Rolle, da jede Kopie und jeder Download immer dem maximalen Verkaufserlös einer CD gleichgesetzt wird. Man unterstellt also immer, dass ein heruntergeladenes Musikstück gekauft worden wäre, wenn die Download-Möglichkeit nicht vorhanden gewesen wäre. Auch kann es beispielsweise passieren, dass jemand einen Künstler oder eine Gruppe durch einen illegalen Download erst kennenlernt und sich dann anschließend eine oder mehrere CDs und DVDs dieser Gruppe kauft. Wie sieht es dann mit dem Schaden aus? Wir möchten hiermit keineswegs eine moralische Legitimation für illegale Downloads oder Kopien liefern, sondern lediglich naive Wirtschaftlichkeitsrechnungen der Rechteverwerter in Frage stellen, die jeden illegalen Download als verloren Verkaufserlös sehen.Nochmals in anderen Worten: Stiehlt man ein materielles Gut, so ist es für den Eigentümer für immer verloren; kopiert man jedoch in illegaler Weise z.B. ein Buch, einen Film oder ein Musikstück, so bleibt dem geistigen Eigentümer sein Besitztum in vollem Umfang erhalten. Lediglich sein Umsatz wird gegebenenfalls geschmälert. Das "Lediglich" im vorigen Satz könnte natürlich extreme Folgen für den Rechteverwerter und den Künstler haben, wenn die Umsatzeinbußen die wirtschaftliche Existenz bedrohten. Man braucht sich ja nur die hypothetische Frage zu stellen, was passieren würde, wenn alle potentiellen Konsumenten statt zu kaufen eine illegale Kopie zögen. Das bestehende System würde unweigerlich zusammenbrechen. So erklären sich auch die recht drakonischen Strafen in schweren Fällen von Urheberrechtsverletzungen.
Wir haben also gesehen, dass es unsinnig ist Geistiges Eigentum allzu leichtfertig mit materiellem Eigentum gleichzusetzen. Dennoch ist diese Gleichsetzung für viele Politiker der Normalfall in ihren Reden und sonstigen Äußerungen. Wie beispielsweise Guido Westerwelle: "Künstlerisches Schaffen muss als geistiges Eigentum genauso geschützt sein wie Eigentum an der Sache."8 Seiner Meinung nach, sei eine Rechtslage notwendig, die die künstlerischen Talente ermutige und nicht abschrecke. Prinzipiell nichts dagegen einzuwenden, außer, wenn er der Meinung sein sollte, dass wir zur Zeit eine für Künstler abschreckende Rechtslage hätten. In dieser Rede forderte er dann auch ein recht "süßes" Strafmaß "Raubkopieren ist keine Bagatelle, sondern muß genauso strafbar sein wie Schokolade klauen." Wie hart wird eigentlich der Diebstahl von Schokolade bestraft?
Richard Stallman, der geistige Vater der Freien-Software-Bewegung, schreibt in seinem Artikel "Meinten Sie 'geistiges Eigentum'? Ein verführerisches Nichts":
"Es ist in Mode gekommen, Copyrights, Patente und Handelsmarken als "geistiges Eigentum" zu bezeichnen. Diese Mode entstand nicht aus einem dummen Zufall - der Begriff verzerrt und verwirrt diese Themen systematisch, und seine Verwendung wird in erster Linie von jenen vorangetrieben, die aus dieser Verwirrung Nutzen ziehen. Jeder, der klar über diese Gesetze nachdenken will, tut gut darin, diesen Begriff abzulehnen."
Ein Unternehmen, das "aus dieser Verwirrung Nutzen" zieht ist sicherlich Microsoft. Sie verkünden konsequenterweise auf ihrer Webseite: "Unternehmen, die in Forschung und Entwicklung investieren, haben das Recht, ihr geistiges Eigentum zu schützen. Gleichzeitig sind Innovationen und Interoperabilität nur dann möglich, wenn auch Dritte - gegen Gebühr oder kostenlos - Zugang zu geschützten Informationen haben."9
Andererseits sieht Microsoft auch im Diebstahl seiner Software Vorteile, zumindest kann man dies einer Äußerung von Bill Gates so entnehmen: "Solange sie sie [die Software] stehlen, wollen wir, dass sie unsere stehlen. Sie werden in gewisser Weise abhängig und dann werden wir herausfinden, wie wir Zahlungen erwirken - irgendwann im kommenden Jahrzehnt." - über chinesische Computer-Anwender, Rede an der Universität von Washington10
In der Frühzeit von Microsoft schien Bill Gates übrigens noch eine sehr kritische Haltung zu Patenten, also einer Form des sogenannten Geistigen Eigentums, gehabt zu haben: "Wenn manche Leute verstanden hätten, wie Patente erteilt würden, als die meisten der heutigen Ideen erfunden wurden, und wenn sie sich dann Patente geholt hätten, wäre unsere Branche heute im kompletten Stillstand."11
Zum Abschluss dieser Einleitung noch was von Brigitte Zypries als sie noch Bundesministerin der Justiz war:
"Das Urheberrecht kennt kein Recht auf Privatkopie. Die Zulässigkeit der Privatkopie beruht auf einer staatlichen Lizenz nach dem Motto: Schützen, was man schützen kann. Vergüten, was man nicht schützen kann."15
Das bedeutet aber für die Zukunft, dass wenn die Schutzmechanismen besser werden, es keine Privatkopie mehr geben wird.